Rede zum Antrag „Mietwucher des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration bei Unterkunftsgebühren für Geflüchtete – rechtskonforme Gebührenverordnung jetzt!“

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die Unterkunftsgebühren in § 23 Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) nun bereits mit zwei Beschlüssen vom 16. Mai 2018 und 14. April 2021 für unwirksam erklärt. Der VGH kritisierte dabei das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration in einmaliger Schärfe. In ihrem Antrag (Drs. 18/16071) fordert die BayernSPD-Landtagsfraktion nun die Staatsregierung auf, nach zwei Anläufen eine rechtskonforme Gebührenordnung zu erlassen und das zu Unrecht bezahlte Geld den Geflüchteten zurückzuerstatten. Die vollständige Debatte kann hier geschaut werden.

Alexandra Hiersemann, MdL, bei ihrer Rede im Bay. Landtag zum Antrag für eine rechtskonforme Gebührenverordnung

Meine Rede im Wortlaut – es gilt das gesprochene Wort:

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag bezieht sich auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. April 2021, der – Herr Kollege Reiß freut sich schon – ohne Übertreibung in Inhalt und Sprache als einzigartig zu bezeichnen ist. Der VGH hat sich hier extrem deutlich gegenüber der Staatsregierung geäußert, als er die in § 23 der Asyldurchführungsverordnung geregelten Unterkunftsgebühren für Geflüchtete erneut für unwirksam und als unvereinbar mit Artikel 3 des Grundgesetzes erklärt hat. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil der VGH schon 2018 die Vorgängerregelung zu den Gebühren für unwirksam erklärt hatte.

Kernpunkt der Kritik des VGH war sowohl 2018 wie auch jetzt, dass der Freistaat in seiner Verordnung völlig überhöhte und falsch kalkulierte Unterkunftsgebühren für Geflüchtete angesetzt habe. Mit unserem Antrag tun wir also nichts anderes als das, was der VGH gefordert hat. Wir wollen, dass nun wirklich verfassungsgemäß angemessene Unterkunftsgebühren für Geflüchtete vom Innenministerium festgesetzt werden. Das tun wir übrigens, lieber Herr Kollege Reiß, mit vergleichsweise freundlichen Formulierungen im Gegensatz zum VGH, der seinem Ärger in dem angesprochenen Beschluss heftig Luft macht. Dort heißt es beispielsweise, es handele sich um einen „inzwischen zweimaligen vergeblichen Anlauf, eine rechtsgültige Gebührenverordnung ins Werk zu setzen.“ Weiter heißt es: Die Ausführungen und Verfahren belegten, dass der Antragsgegner, also das Innenministerium, „nach wie vor nicht gewillt ist, eine unterkunftsbezogene Betrachtung vorzunehmen, und sich stattdessen erneut in unzulässiger Weise ausschließlich an den Verhältnissen auf dem allgemeinen Mietwohnungsmarkt orientiert.“

Laut VGH wurde seitens des Innenministeriums das Rechtsetzungsermessen nicht sachgerecht ausgeübt. Dieses habe einen untauglichen Ansatz gewählt. Sogar von einem etwaigen denkbaren Konflikt mit dem Straftatbestand des Mietwuchers, möglicherweise sogar dem des Betrugs ist die Rede. Mein lieber Mann, der VGH spricht hier immerhin von einer Verordnung der Staatsregierung. Das ist schon mehr als bemerkenswert.

Ein weiterer Punkt ist die Frage der bestandskräftigen Bescheide; denn der Verordnungsgeber hat hier nun die Verpflichtung, die Rechtslage rückwirkend rechts- und verfassungsgemäß umzugestalten. Auch hier lässt der VGH keinen Zweifel daran, dass die Gebühren den Geflüchteten zurückzuerstatten sind, selbst wenn die Bescheide rechtskräftig sind.

Im Rechtsausschuss am 17. Juni 2021 wurde von der Vertreterin des Innenministeriums mitgeteilt, eine neue Regelung sei in Arbeit und man hoffe, das nächste Mal eine rechtskonforme Gebührensatzung zu erlassen. Das hoffen auch wir. Des-halb soll unser Antrag das unterstreichen.

Zwar wurde im Ausschuss vonseiten des Innenministeriums zugesagt, zu berichten, sobald die Verordnung im Entwurf vorliege bzw. die Eckpunkte der Verordnung erarbeitet seien. Mit unserem Antrag unterstreichen wir, dass wir als Legislative doch zur Sicherheit die Exekutive genau kontrollieren sollten, damit nicht eine dritte Regelung, lieber Herr Reiß, demnächst vom VGH für unwirksam erklärt wird.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, der nichts anderes sagt als das, was der VGH-Beschluss beinhaltet. Auch die Regierungsfraktionen können nicht ernsthaft wollen, dass den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofs durch das Innenministerium erneut zuwidergehandelt wird.

Verhältnismäßig? Abschiebepraxis in der Pandemie

Bayern hat im letzten Jahr zahlreiche Asylbewerber*innen in Corona-Risikogebiete abgeschoben. In über 400 Fällen wurde dabei nicht nur in Länder abgeschoben, die aufgrund der grassierenden Pandemie gefährliche Risikogebiete sind, sondern zusätzlich auch nach dem Demokratieindex 2020 als menschenrechtlich verheerend eingestuft sind. Diese fahrlässige und höchst problematische Abschiebepraxis der Staatsregierung in dieser globalen Pandemie muss dringend korrigiert werden!

11.07.2021 – BR24

Rede zum Bericht der Vorsitzenden des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden

Gemäß §80 der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags muss dem Plenum für die Hälfte der Wahldauer über die Behandlung der Petitionen berichtet werden. Petitionen gehen dabei vielfach über Einzelfälle hinaus, denn sie verkörpern ebenfalls das Abwehrrecht gegen den Staat, das sich in Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger ausdrückt. Daneben hat es zunehmend den Charakter eines politischen Mitwirkungsrechts erhalten mit dem Wunsch nach einem bestimmten politischen Handeln. Manche nennen es auch das Volksbegehren im Kleinen. Die vollständige Debatte kann hier nachgeschaut werden.

Alexandra Hiersemann, MdL, bei ihrer Rede zum Beitrag des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden im Plenum

Meine Rede im Wortlaut – es gilt das gesprochene Wort:

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Henkel, trotz Ihrer Befürchtung ist es Ihnen tatsächlich gelungen, in sechs Minuten darzustellen, dass Sie offensichtlich nicht den Schimmer einer Ahnung vom bayerischen Petitionsrecht haben.

Gern schließe ich mich dem Dank, der an alle, die mit diesem Ausschuss zu tun haben, ergangen ist, an. Dies gilt insbesondere für unsere Frau Fiebig, die mit unseren Wünschen und Besonderheiten sehr geduldig umgeht. Ich danke auch unserem Offizianten Herrn Höhenberger. Seine bloße Anwesenheit hat eindeutig positive Effekte gerade auf die emotional geladenen Petenten, manchmal sogar auf die Mitglieder dieses Ausschusses.

Im Bayerischen Landtag sind wir sehr stolz auf die Art der Behandlung der Petition. Das betrifft die Öffentlichkeit im Petitionsausschuss und in den Fachausschüssen und das Rederecht der Petenten. Hin und wieder wird jedoch übersehen, dass Petitionen häufig über ihren konkreten Einzelfall hinaus auch eine hochpolitische Bedeutung haben. Das gilt nicht zuletzt für den Bereich des Ausländer- und Asylrechts. An dieser Stelle ist es nicht damit getan, nur auf den Bund zu zeigen, weil er gesetzliche Grundlagen geschaffen hat. In Bayern, das zwar nur für den Vollzug zuständig ist, wird deutlich, dass es eine durchaus unterschiedliche Handhabung des Vollzugs zwischen den Bundesländern gibt. In Bayern wissen wir – Herr Kollege Schwartz, das wissen auch Sie –, dass die bayerischen Ausländerbehörden ihr Ermessen zum Teil durchaus im Hinblick auf die politischen Vorgaben des Ministeriums – nennen wir es zielgerichtet – ausüben.

Deshalb kann man nicht genug darauf hinweisen, dass gerade der Petitionsausschuss ein Paradebeispiel dafür ist, dass das Parlament die Exekutive zu kontrollieren hat und nicht umgekehrt. Die Spitze der Exekutive ist nun einmal die Staatsregierung. Tatsächlich aber findet zu jeder Petition vor ihrer Behandlung ein sogenanntes Briefing statt. Die Vertreter der Ministerien machen die Mitglieder der CSU und der FREIEN WÄHLER vor jeder Petition darauf aufmerksam, mit welchen Ergebnissen aus Sicht der Ministerien der jeweilige Einzelfall doch bitte schön entschieden werden möge. Meist heißt es dann: 80/4, erledigt mit Erklärung der Staatsregierung. Das heißt letztlich nichts anderes als: Folgen Sie bitte umgehend der Staatsregierung.

Diese Vorausschusssitzung, die die Gewaltenteilung strukturell ein wenig zu ändern versucht, würde aber niemanden stören, wenn sie nicht immer bis zur letzten Sekunde vor Beginn des Ausschusses im dazugehörigen Saal ausgereizt würde. Daher meine freundliche Bitte an die Damen und Herren der Mehrheit: Vielleicht könnten Sie doch fünf Minuten vor Beginn der Ausschusssitzung aufhören, damit wir von der Opposition gerade in Corona-Zeiten nicht gezwungenermaßen artig vor dem Saal warten müssen, bis die Handlungsanweisungen der Staatsregierung gegenüber der CSU und den FREIEN WÄHLERN ergangen sind.

Tatsächlich ist das Petitionsrecht in seiner ursprünglichen Absicht ein Abwehrrecht gegen den Staat, das sich in Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger ausdrückt. Daneben hat es zunehmend den Charakter eines politischen Mitwirkungsrechts erhalten mit dem Wunsch nach einem bestimmten politischen Handeln. Manche nennen es auch das Volksbegehren im Kleinen. Daher möchte ich an diese Kontrollfunktion erinnern und erneut an alle Ausschussmitglieder appellieren, sich zunächst selber eine Meinung zu bilden, die auch mal durchaus abweichen kann von der der Staatsregierung, deren Handeln wir insoweit zu überprüfen haben. Es liegt an uns, wie wir damit umgehen, ob wir Akteneinsicht beantragen oder einen Ortstermin anberaumen. Letzteres geschieht häufig im Petitionsausschuss und erweist sich – sagen wir manchmal – als sinnvoll. Vom Recht auf Akteneinsicht machen wir dagegen so gut wie nie Gebrauch. Das könnten wir aber jederzeit ändern.

Trotz dieser Handhabung zwischen Staatsregierung und Mehrheit im Ausschuss sehe ich aber durchaus die ungeheure Arbeit, die hinter den Stellungnahmen der Ministerien steht. Dafür danke ich den Beamtinnen und Beamten herzlich. Sollte ich manchmal zu lange und zu deutlich, möglicherweise sogar zu vehement nachfragen, vor allem bei den Beamtinnen und Beamten des Innenministeriums, bitte ich Sie herzlich, das nicht persönlich zu nehmen – falls Sie jetzt gerade zuhören.

Ein nicht unwesentlicher Teil der Arbeit sind die Petitionen aus dem kommunalen Bereich. Hier hat sich leider Folgendes eingebürgert: Kommt der Wunsch nach Ortsterminen von der Opposition, wird er nicht selten von der CSU und den FREIEN WÄHLERN mit Abscheu und Empörung als populistisch gebrandmarkt. Umgekehrt gilt derselbe Wunsch aber, wenn er von der Mehrheit geäußert wird, als Mittel zur sachdienlichen Aufklärung. Insgesamt scheint es also häufig darauf anzukommen, welche Petition in welchem Stimmkreis oder Wahlkreis welches Abgeordneten spielt. Vielleicht gelingt es uns ja doch künftig im Ausschuss, kollegial eine ordentliche Lösung zu dieser Thematik zu finden. Nur wenn ein Ortstermin mit Aussicht auf das Wahrnehmen einer Vermittlerfunktion stattfinden kann unter Wahrung der kommunalen Planungshoheit – Achtung, Herr Duin –, kann er sinnvoll sein, nicht aber wenn es um den Wunsch zur Selbstdarstellung geht – egal von welcher Seite – oder gar um den Versuch der Einflussnahme auf die Kommunen. Herr Kollege Duin und ich führen durchaus angeregte Gespräche zu dieser Thematik, aber er kommt nachher noch dran.

Zum Abschluss das Positive: Jedes Mitglied im Petitionsausschuss ringt um Einzelfälle und niemand von uns macht es sich leicht in dem Bewusstsein, dass es oft um menschliche Schicksale geht. Ich will nicht sagen niemand. Herr Henkel hat gesagt, dass es sich fast niemand leichtmache. Dass Mitarbeit hierbei zumindest teilweise auch über Fraktionsgrenzen hinaus möglich ist, zeichnet diesen Ausschuss aus meiner Sicht durchaus besonders aus. Der maßgebliche Kommentator zum Bayerischen Petitionsgesetz, der Leitende Ministerialrat Dr. Klaus Unterpaul, hat es auf den Punkt gebracht: Petitionen sind der Dialog zwischen Repräsentanten und Repräsentierten. Dieser Dialog ist gerade in Zeiten von Fake News, von Politikverdrossenheit und angesichts der Ablehnung unseres Rechtsstaats von vielen Menschen wichtiger als je zuvor. Der Petitionsausschuss erfüllt hier eine ganz besondere Aufgabe

Rede zum Gesetzesentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (3. Lesung)

In der Debatte zum islamischen Unterricht auf Grundlage des Gesetzesentwurfs (18/15059) der Staatsregierung zeigt die AfD erneut, dass sie das Thema sowie die grundlegenden Argumente und Erklärungen nicht verstanden hat. Die vollständige Debatte in der 3. Lesung des Gesetzesentwurfs lässt sich hier nachschauen.

Alexandra Hiersemann, MdL, bei ihrer Rede im Bay. Landtag zum Gesetzesentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (3. Lesung)

Meine Rede im Wortlaut – es gilt das gesprochene Wort:

Herr Präsident, das sind heute wirklich schmerzhafte Redebeiträge von der ganz rechten Seite des Hauses. Herr Henkel, ich kenne Sie so gar nicht. Sie haben sich heute in einer Rede nach der anderen geifernd, unverschämt und gegenüber den christlichen Pfarrerinnen und Pfarrern erneut wie im Petitionsausschuss in einer Art und Weise geäußert, die ich zurückweise und die ich einfach unglaublich finde.

Jetzt versuchen wir es noch mal. Ich knüpfe an die Frage vom Kollegen Waschler an: Haben Sie es wirklich immer noch nicht verstanden nach diversen Ausschussberatungen, nach diversen Lesungen? – Hören Sie bitte genau zu, Herr Henkel. Ich spreche mit Ihnen. – Es ist kein bekenntnisorientierter Unterricht. Genau das ist der Punkt. Deshalb lehnen die GRÜNEN diesen Gesetzentwurf nämlich ab, weil sie mehr wollen als das, was dieser Gesetzentwurf einführt, nämlich einen Ethikunterricht zur Vermittlung von Kenntnissen, die den Islam und andere Religionen betreffen. Würden Sie weniger im Koran lesen, sondern mal mehr im Staatskirchen-recht, dann wüssten Sie, dass in Artikel 140 des Grundgesetzes, der auf die Weimarer Reichsverfassung verweist, genau geregelt ist, wann und auf welche Art und Weise man Verträge zum Religionsunterricht abschließen kann; dann wüssten Sie, dass es Konkordate aus dem Jahr 1924 mit dem Heiligen Stuhl und mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern gibt, wo das alles geregelt ist.

Wenn der Herr Bayerbach – das ist ehrlich gesagt eine intellektuelle Zumutung, Herr Bayerbach – uns erklären will, warum man mit dem Islam kein Konkordat abschließen kann – genau darum geht es. Genau deshalb gibt der Gesetzentwurf keine Möglichkeit zu einem bekenntnisorientierten Religionsunterricht

(Zuruf)

– ich habe jetzt das Wort –, weil man genau mit dem Islam, der keine verfasste Kirche ist, seitens des Freistaats keinen Vertrag eingehen kann. Diese Problematik oder Situation kann ausschließlich der Islam intern lösen. Das ist nicht unsere Aufgabe, und das ist schon gar nicht die Aufgabe der Staatsregierung.

(Zuruf)

Ich kann nur hoffen, dass Sie es jetzt verstanden haben. Wir haben keinen einzigen Satz dazu gehört, inwiefern, an welcher Stelle und wie Sie begründen, dass Sie verfassungsrechtliche Bedenken haben. Ich sehe der Meinungsverschiedenheit und Ihren Schriftsätzen mit allerhöchstem Interesse entgegen.

Rede zum Gesetzesentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (2. Lesung)

Auf Grundlage des Modellversuchs „Islamischer Unterricht“ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg schafft die Staatsregierung nun mit ihrem Gesetzesentwurf (18/15059) die gesetzliche Verankerung für ein Unterrichtsangebot im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG), welches speziell auf muslimische Schüler*innen zugeschnitten ist. Auch wenn der Gesetzesentwurf ganz sicher noch lange nicht der große Wurf ist, stellt er einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Die vollständige Debatte lässt sich hier nachschauen.

Alexandra Hiersemann, MdL, bei ihrer Rede im Bay. Landtag zum Gesetzesentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (2. Lesung)

Meine Rede im Wortlaut – es gilt das gesprochene Wort:

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die AfD zeigt erneut, wessen Geistes Kind sie ist. Nicht nur mein Vorredner, auch Herr Maier, immerhin stellvertretender Vorsitzender im Rechtsausschuss, hat uns mit Hasstiraden gegenüber Andersgläubigen belästigt. Das ist wirklich unerträglich. Herr Maier hat sich im Ausschuss noch dazu verstiegen, verfassungsrechtliche Bedenken zu äußern mit der Begründung, die religiösen Einflüsse in den westlichen Staaten müssten „eingehegt“ werden. Wer wie die AfD – und gerade eben auch mein Vorredner – dem Islam als Religionsgemeinschaft mit derartigem Hass begegnet, wird eines Tages auch den christlichen Religionsunterricht und am Ende auch die christlichen Kirchen selbst angreifen.

Herr Henkel von der AfD hat im Petitionsausschuss gestern schon damit begonnen, als er bayerischen Pfarrerinnen und Pfarrern unterstellt hat, sie würden Geflüchtete nur deshalb taufen, um sie quasi rechtswidrig der Abschiebung zu entziehen. Das ist eine infame Diffamierung und eine deutliche Kampfansage auch an die christlichen Kirchen.

Zum Gesetzentwurf: Diesem liegt die hoch engagierte Arbeit des wissenschaftlichen Beirats des Departments Islamisch-Religiöse Studien an der Universität Erlangen-Nürnberg zugrunde. Um dem Eigenlob der CSU vielleicht noch ein wenig Wasser zuzufügen: Das war eine wesentliche Arbeit über viele Jahre, die in Erlangen an der Universität geleistet worden ist. Ziel war es die Überführung des Modellversuchs „Islamischer Unterricht“ in ein Wahlpflichtfach zu gewährleisten. Hier muss man leider sagen, dass dies in dem Gesetzentwurf leider nicht besonders glücklich, eigentlich nicht umfänglich, gelungen ist. Die Folge ist, dass mit dem neuen Unterrichtsfach künftig kein konfessioneller Religionsunterricht, sondern nur eine vom Staat verantwortete Alternative zum Ethikunterricht angeboten wird. Das hat Herr Klingen ganz offensichtlich nicht verstanden.

Die fehlende Bekenntnisorientierung wird zu Recht von vielen Seiten kritisiert. Das langfristige Ziel muss selbstverständlich ein Unterrichtsangebot sein, das auf gleicher Augenhöhe zwischen den Religionen stattfindet. Dies fordern übrigens vor allem auch die Vertreter beider christlicher Kirchen in Bayern. Verträge zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften setzen aber eine klare innere Struktur voraus. Hier geht es um die sogenannte innere Verfasstheit einer Glaubensgemeinschaft und damit um die Frage, wer sind die intern legitimierten Ansprechpartner. Das sind aber Anforderungen, die der Islam selbst erfüllen muss, Anforderungen, die eben genau nicht vom Staat vorgenommen werden oder gar vom Staat ersetzt werden können. Die nun vorgenommene Regelung im Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht deshalb immerhin der Beginn eines Weges für diesen Prozess, wenn auch, zugegeben, noch nicht die Lösung. Das wissen auch alle Beteiligten. Wir werden die Staatsregierung an dem messen, was Herr Spaenle gesagt hat, dass dies der nächste und entscheidende Schritt sein muss.

Mit Freude habe ich zur Kenntnis genommen, dass der Kultusminister, den ich leider vermissen muss, in der Ersten Lesung immerhin bestätigt hat, ich zitiere: „Zur bayerischen Gesellschaft gehört selbstverständlich auch die muslimische Gemeinschaft.“ – Das möchte ich der AfD gerne einmal auf ihr Kissen sticken. Wesentlich ist, dass durch den Beirat an der Universität Erlangen-Nürnberg eine Brücke zur Rückbindung an die muslimische Community geschaffen worden ist, wo alle Fragen in kooperativer Atmosphäre und in Respekt miteinander erörtert werden, sodass auch die muslimischen Mitglieder an der Gestaltung zumindest mitwirken können. Ebenso begrüßen wir, dass die betreffenden Lehrkräfte – immerhin sind es ungefähr hundert – nun eine größere vertragliche Sicherheit durch die Entfristung bekommen werden, wie wir das schon lange gefordert haben.

Insgesamt teile ich zwar die Kritik, dass der Gesetzentwurf ganz sicher noch lange nicht der große Wurf ist, ich teile allerdings nicht die Konsequenz, die die GRÜNEN daraus ziehen, wenn sie sagen, es muss sofort ein gleichwertiger islamischer Religionsunterricht her oder gar nichts. Der in Baden-Württemberg vorgenommene Versuch, diese Probleme über eine Stiftung zu regeln, löst die genannte Grundsatzfrage nicht. Wir werden die Erfahrungen dort aber mit großem Interesse begleiten.Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, weil er die Tür zu einem wichtigen Thema und zum Gespräch über einen islamischen Religionsunterricht zumindest ein kleines bisschen öffnet. Nur mit Rücksicht und mit Vorsicht gegenüber unseren Gesprächspartnern auf der anderen Seite und nur mit dem Aufbau gegenseitigen Vertrauens können wir derartige Neuerungen schaffen. Davon bin ich überzeugt.

Schriftliche Anfragen zur Reisefähigkeit im Asylverfahren und Gutachten durch einen bayerischen Arzt

Unzählige Asylfälle sind bekannt, in denen ärztliche Bescheinigungen gemäß §60a
Abs.2c AufenthG zu inlandsbezogenen Abschiebehindernissen bzw. Reisefähigkeit von den
Ausländerbehörden nicht anerkannt oder mit einem Zweitgutachten überprüft wurden. Dies bindet nicht nur ineffizient viele Ressourcen und Kapazitäten, sondern sorgt auch für eine große Verunsicherung bei den Betroffenen sowie bei dem medizinischen Personal, das die Gutachten ausstellt. Zudem stellen sich auch Fragen an das Vorgehen der Ausländerbehörden bezüglich der Anerkennung und Beauftragung von medizinischen Bescheinigungen sowie in Bezug auf die fachärztlich Gutachter*innen und deren Objektivität. Aus diesen Gründen habe ich folgende Schriftliche Anfrage eingereicht:

Die Ausländerbehörden fordern nach Vorlage qualifizierter ärztlicher Bescheinigungen zu Abschiebehindernissen und Reiseunfähigkeit regelmäßig Gegengutachten an. Im Raum Mittel- und Oberfranken wurde hierbei mehrfach ein Mediziner zur Überprüfung der vorgelegten Bescheinigungen eingesetzt, Dr. med. B. In der Vergangenheit kam es bei Abschiebungen, in denen er zur Feststellung von Reiseunfähigkeiten eingesetzt wurde, in mindestens einem Fall zu einem Abbruch der Abschiebung wegen medizinischer Komplikationen und einem anschließenden mehrwöchentlichen Aufenthalt der abzuschiebenden Person in einer psychiatrischen Station. Zudem gibt es Berichte aus dem Jahr 2018, laut denen der Arzt bereits Gegenstand interner Beschwerden im Ankerzentrum Bamberg war und er ist wiederholt mit verschwörungstheoretischen und rechten bis extrem rechten Gedankengut in Erscheinung getreten. Ebenso hat er sich in Gutachten tendenziös und sachfremd geäußert und unterstellt anderen Mediziner*innen ohne Belege mehr oder weniger offen Gefälligkeitsatteste. Die Äußerungen und das ideologische Umfeld von Dr. med. B. begründen erhebliche Zweifel an dessen Objektivität und Eignung als begutachtender Arzt in asylrechtlichen Fragestellungen. Dennoch wurde er offenbar über einen langen Zeitraum wiederholt zur Begutachtung und Feststellung der Reisefähigkeit, mindestens durch Ausländerbehörden in Franken, eingesetzt. Aus diesen Gründen habe ich folgende Schriftliche Anfrage eingereicht: