Besorgniserregendes Ladensterben in ländlichen Gebieten – auch in Erlangen-Höchstadt einige Gemeinden ohne Einkaufsmöglichkeiten
In jeder vierten bayerischen Kommune gibt es keinen Lebensmittelmarkt mehr. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Läden von 6501 auf 5883 gesunken, wie das bayerische Innenministerium auf eine Anfrage der SPD-Landtagsfraktion einräumen musste. Die Gemeinden in Erlangen-Höchstadt sind bislang von der Entwicklung im Wesentlichen verschont geblieben.
In Erlangen-Höchstadt konnten sich die meisten Lebensmittelläden zwar bisher halten. Dennoch müssen die Bewohner aus Gremsdorf, Lonnerstadt, Marloffstein, Oberreichenbach, Spardorf und Vestenbergsgreuth in anderen Gemeinden ihre Lebensmittel einkaufen, denn bei ihnen gibt es nicht ein einziges Lebensmittelgeschäft.
Die SPD-Abgeordnete Alexandra Hiersemann, MdL, fordert staatliche Unterstützung für die betroffenen Kommunen: „Wenn Marktmechanismen dazu führen, dass die Nahversorgung in der Fläche gefährdet ist, muss es Aufgabe der öffentlichen Hand sein, etwas dagegen zu tun.“ Als Grund für den Rückzug aus der Fläche sieht sie einen tiefgreifenden Strukturwandel und Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzelhandel.
Mittlerweile müssen 510 Kommunen in Bayern ohne eine wohnortnahe Versorgung mit den Dingen des alltäglichen Bedarfs auskommen. 158 davon haben nicht einmal mehr einen Bäcker oder Metzger. Im Schnitt machten in den letzten 15 Monaten monatlich fünf Läden zu.
„Die Verlierer dieser Entwicklung sind die kleinen Supermärkte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 400 Quadratmeter. Das betrifft die Ortskerne im ländlichen Raum ebenso wie einzelne Viertel in Großstädten“, erklärt Alexandra Hiersemann und warnt vor einem Teufelskreis: „Wenn das Lebensmittelgeschäft vor Ort schließt, stirbt auch ein großes Stück an Lebensqualität. Gerade die ältere Bevölkerung ist auf eine wohnortnahe Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs angewiesen und junge Familien ziehen gar nicht erst in eine Gemeinde, die keinerlei Einkaufsmöglichkeiten bietet. Erlangen-Höchstadt steht bislang gut da aber die Entwicklungen sind auch bei uns zu beobachten“
Besorgniserregend findet Alexandra Hiersemann vor allem den Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels in Erlangen-Höchstadt. Waren 2007 noch 732 Beschäftigte mit sozialversicherungspflichtiger Anstellung beschäftigt, nahm diese Zahl bis 2015 auf 275 ab. Das ist ein Rückgang um 62 Prozent. In nur acht Jahren haben also knapp zwei Drittel der Beschäftigten in diesem Bereich ihre sozialversicherungspflichtige Stelle verloren bzw. wurden in 450-Euro-Verhältnisse überführt.