Rede gegen den Antrag der AfD Bayern

Mit dem Antrag (18/7818) forderte die AfD Bayern im Bayerischen Landtag: „Einschränkung der Grundrechte sofort zurücknehmen!“ – dies lehnte ich deutlich ab, da er sowohl sprachlich wie auch inhaltlich eine Zumutung war. Die vollständige Debatte kann hier nachgeschaut werden:

Alexandra Hiersemann, MdL, bei ihrer Rede im Bay. Landtag gegen den Antrag der AfD

Meine Rede im Wortlaut – es gilt das gesprochene Wort:

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!

Der Antrag der AfD ist wieder einmal in Inhalt und Sprache eine Zumutung. Manche der gehaltenen Reden in diesem Hause sind es bedauerlicherweise auch. Ich weiß, der Rechtsstaat ist bei Ihnen nicht so hoch im Kurs. Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Über die Frage, ob Maßnahmen rechtswidrig oder gar verfassungswidrig sein mögen, entscheiden bei uns immer noch die Gerichte und nicht die AfD. Gottlob.

Ein paar Worte zu Ihren einzelnen Punkten, die teilweise wirklich Abgründiges in Ihrem Denken aufzeigen. Zunächst behaupten Sie, die Pandemie in Bayern habe zu keinem Zeitpunkt die getroffenen Maßnahmen gerechtfertigt. Genau das ist Ursprung und Triebfeder für all die Verschwörungstheoretiker, die derzeit mit den abstrusesten Behauptungen um die Ecke kommen und auf den Marktplätzen unserer bayerischen Städte stehen. Schlimmer noch: Sie von der AfD befeuern genau die, die sich jetzt nicht an den Mindestabstand oder gar die Größe genehmigter Versammlungen halten und die ungeniert gefährlichen Unfug reden. Damit treffen Sie uns alle. Sie treffen auch die anderen Vernünftigen, die alles tun, um sich auch gegenüber anderen verantwortlich zu verhalten. Sie instrumentalisieren die armen Menschen, die schon so lange einsam in den Altersheimen sitzen, und Sie fordern, dass diese Menschen frei besucht werden können sollen. Das tun Sie, obwohl Sie genau wissen, was sich in den letzten Wochen in den zahlreichen Altersheimen abgespielt hat, und obwohl Sie die Zahl der Toten dort kennen. Das ist menschenverachtend!

Unglaublich auch Ihre Krokodilstränen über die angeblich gestörte Religionsausübung in Gottesdiensten, in den Gottesdiensten der Kirchen, die bei Ihnen sonst nur unter der Überschrift „Kriminelle Schlepperbanden“ vorkommen. Sie schwadronieren weiter über eine angebliche Verschwörung der Politik mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wenn man Sie von der AfD als Wirrköpfe und Verschwörungstheoretiker bezeichnet. Das haben Sie sich wirklich selber zuzuschreiben, wenn in der seriösen Presse, in Rundfunk und Fernsehen Ihr gefährlicher Unfug auch so genannt wird. Die Rede vorhin hat es ja auch bewiesen.

All das tun Sie nicht aus Sorge um den Rechtsstaat und um die Menschen, die zum Teil schlimmste Existenznöte haben, sondern Sie tun es, um Angst und Verwirrung zu stiften, weil Sie sich daraus Machtzuwachs für die AfD versprechen. Das ist gefährlichster Populismus auf dem Rücken der Menschen. Pfui Teufel!

Apropos Populismus: Ein Mitglied Ihrer Fraktion ging Anfang März zum Starkbierfest und sprach von unnötiger Panik, als über die Absage dieses Starkbierfestes nachgedacht wurde. Dieses Fest wurde dann doch abgebrochen. Danach ging er her und erstattete Strafanzeige wegen der Genehmigung eben dieses Starkbierfestes, an dem er teilgenommen hatte. Das ist wirklich die Krönung an Populismus, erst recht, wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und in Zusammenhang mit der Pandemie plötzlich alles wieder in die nicht mögliche Normalität zurückfahren wollen.

Das Einzige allerdings, was Sie nicht beklagen, was Sie nicht kritisieren und wozu Sie sich nicht äußern, ist folgender Punkt. Der ist wesentlich in einem Rechtsstaat; aber wir wissen, dass der Rechtsstaat bei Ihnen nicht hoch im Kurs steht. Derzeit erleben wir, dass in Bayern ein wesentlicher Teil der Entscheidungsgewalt von der Exekutive an sich gezogen wurde, obwohl die zeitliche Möglichkeit bestanden hätte und besteht, das Parlament entscheiden zu lassen. Denn auch in Krisenzeiten muss der demokratisch legitimierte Parlamentsgesetzgeber über einschneidende Grundrechtseingriffe entscheiden. Hier ist es vor allem meine Fraktion in diesem Hause, die künftig noch genauer als im März beim Infektionsschutzgesetz darauf achten wird, dass politische Entscheidungen transparent und durch die dafür legitimierten Parlamentarier getroffen werden. Das bedeutet: Parlamentsgesetz statt Rechtsverordnung der Staatsregierung. Und das bedeutet vor allem: Rechtsstaat statt menschenverachtende AfD-Thesen. – Wir lehnen Ihren Antrag ab.