Rede zum Antrag „Mietwucher des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration bei Unterkunftsgebühren für Geflüchtete – rechtskonforme Gebührenverordnung jetzt!“

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat die Unterkunftsgebühren in § 23 Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) nun bereits mit zwei Beschlüssen vom 16. Mai 2018 und 14. April 2021 für unwirksam erklärt. Der VGH kritisierte dabei das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration in einmaliger Schärfe. In ihrem Antrag (Drs. 18/16071) fordert die BayernSPD-Landtagsfraktion nun die Staatsregierung auf, nach zwei Anläufen eine rechtskonforme Gebührenordnung zu erlassen und das zu Unrecht bezahlte Geld den Geflüchteten zurückzuerstatten. Die vollständige Debatte kann hier geschaut werden.

Alexandra Hiersemann, MdL, bei ihrer Rede im Bay. Landtag zum Antrag für eine rechtskonforme Gebührenverordnung

Meine Rede im Wortlaut – es gilt das gesprochene Wort:

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Unser Antrag bezieht sich auf einen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. April 2021, der – Herr Kollege Reiß freut sich schon – ohne Übertreibung in Inhalt und Sprache als einzigartig zu bezeichnen ist. Der VGH hat sich hier extrem deutlich gegenüber der Staatsregierung geäußert, als er die in § 23 der Asyldurchführungsverordnung geregelten Unterkunftsgebühren für Geflüchtete erneut für unwirksam und als unvereinbar mit Artikel 3 des Grundgesetzes erklärt hat. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil der VGH schon 2018 die Vorgängerregelung zu den Gebühren für unwirksam erklärt hatte.

Kernpunkt der Kritik des VGH war sowohl 2018 wie auch jetzt, dass der Freistaat in seiner Verordnung völlig überhöhte und falsch kalkulierte Unterkunftsgebühren für Geflüchtete angesetzt habe. Mit unserem Antrag tun wir also nichts anderes als das, was der VGH gefordert hat. Wir wollen, dass nun wirklich verfassungsgemäß angemessene Unterkunftsgebühren für Geflüchtete vom Innenministerium festgesetzt werden. Das tun wir übrigens, lieber Herr Kollege Reiß, mit vergleichsweise freundlichen Formulierungen im Gegensatz zum VGH, der seinem Ärger in dem angesprochenen Beschluss heftig Luft macht. Dort heißt es beispielsweise, es handele sich um einen „inzwischen zweimaligen vergeblichen Anlauf, eine rechtsgültige Gebührenverordnung ins Werk zu setzen.“ Weiter heißt es: Die Ausführungen und Verfahren belegten, dass der Antragsgegner, also das Innenministerium, „nach wie vor nicht gewillt ist, eine unterkunftsbezogene Betrachtung vorzunehmen, und sich stattdessen erneut in unzulässiger Weise ausschließlich an den Verhältnissen auf dem allgemeinen Mietwohnungsmarkt orientiert.“

Laut VGH wurde seitens des Innenministeriums das Rechtsetzungsermessen nicht sachgerecht ausgeübt. Dieses habe einen untauglichen Ansatz gewählt. Sogar von einem etwaigen denkbaren Konflikt mit dem Straftatbestand des Mietwuchers, möglicherweise sogar dem des Betrugs ist die Rede. Mein lieber Mann, der VGH spricht hier immerhin von einer Verordnung der Staatsregierung. Das ist schon mehr als bemerkenswert.

Ein weiterer Punkt ist die Frage der bestandskräftigen Bescheide; denn der Verordnungsgeber hat hier nun die Verpflichtung, die Rechtslage rückwirkend rechts- und verfassungsgemäß umzugestalten. Auch hier lässt der VGH keinen Zweifel daran, dass die Gebühren den Geflüchteten zurückzuerstatten sind, selbst wenn die Bescheide rechtskräftig sind.

Im Rechtsausschuss am 17. Juni 2021 wurde von der Vertreterin des Innenministeriums mitgeteilt, eine neue Regelung sei in Arbeit und man hoffe, das nächste Mal eine rechtskonforme Gebührensatzung zu erlassen. Das hoffen auch wir. Des-halb soll unser Antrag das unterstreichen.

Zwar wurde im Ausschuss vonseiten des Innenministeriums zugesagt, zu berichten, sobald die Verordnung im Entwurf vorliege bzw. die Eckpunkte der Verordnung erarbeitet seien. Mit unserem Antrag unterstreichen wir, dass wir als Legislative doch zur Sicherheit die Exekutive genau kontrollieren sollten, damit nicht eine dritte Regelung, lieber Herr Reiß, demnächst vom VGH für unwirksam erklärt wird.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, der nichts anderes sagt als das, was der VGH-Beschluss beinhaltet. Auch die Regierungsfraktionen können nicht ernsthaft wollen, dass den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofs durch das Innenministerium erneut zuwidergehandelt wird.