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Alexandra Hiersemann, MdL, bei ihrer Rede zum Bericht der Vorsitzenden des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden
Meine Rede im Wortlaut – es gilt das gesprochene Wort:
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!
Es wundert mich, dass Herr Böhm glaubt, mein Verhalten im Ausschuss beurteilen zu können. Sie sind nämlich meistens nicht da, wenn Ausländer- und Asylpetitionen behandelt werden, und wenn Sie da sind, beschäftigen Sie sich mit der von Ihnen geholten Butterbrezel.
Im Bayerischen Landtag sind wir zu Recht stolz auf das System, mit dem wir Petitionen anders als im Bundestag behandeln. Es ist dargestellt worden, was für uns das Wesentliche ist, und ich kann sagen, im Wesentlichen kann man dabei auch von einem kooperativen, manchmal sogar konstruktiven Miteinander im Petitionsausschuss sprechen.
Nachdem hier aber nun so viel Lob deutlich geworden ist – den letzten Redner ignoriere ich –, möchte ich schon einige kritische Punkte ansprechen, damit ein neuer Ausschuss im neu gewählten Landtag im Herbst vielleicht das eine oder andere besser machen möge.
Wie bekannt ist, bin ich im Wesentlichen – wir haben es ja eben schon gehört – mit Petitionen aus dem Ausländer- und Asylrecht befasst – mit großer Freude, je mehr sich die AfD darüber ärgert.
Das besondere Anwesenheits- und Rederecht der Petenten, das wir in Bayern haben, bedeutet, dass man als Ausschussmitglied auch den Petenten aus diesem Bereich Respekt entgegenbringen muss.
Petenten sind mündige Bürgerinnen und Bürger, die in einer Demokratie von ihrem verfassungsgemäßen Recht der Eingabe bzw. Beschwerde Gebrauch machen. Aber in Zeiten des Wahlkampfes, die ich anders wahrnehme als der Kollege Schwartz, wird manchmal von manchen im Ausschuss ein Machtgehabe von oben herab demonstriert, das an den Gerichtstag mittelalterlicher Fürsten erinnert. Da werden manchmal ängstliche Ausländer eingeschüchtert. Zum Beispiel wurde ein junges Mädchen zu Beginn so eingeschüchtert, dass sie ihr bis dahin vorhandenes, durchaus ordentliches Deutsch vor Angst vergessen hatte. Da wurden Vorstrafen eines Ausländers dem deutschen Petenten um die Ohren gehauen, und es wurde so getan, als ob der ehrenwerte Petent selbst ein vermeintlich Schwerstkrimineller sei, obwohl die Vorstrafen schon vor mehr als fünf Jahren getilgt waren. Es wird also gerade in Wahlkampfzeiten hin und wieder schlicht Stimmung gemacht – Stimmung gegen manche Petenten, seien sie Deutsche oder Ausländer, die sich doch nur dafür einsetzen, dass wir den einen oder anderen Flüchtling hierbehalten, der unserem Fachkräftemangel entgegenwirken könnte.
Natürlich erwarte ich nicht, dass alle Ausschussmitglieder, Herr Kollege Straub, rechtlich tief bewandert sind und die juristischen Feinheiten eines jeden Falles durchdenken können. Das ist auch in Ordnung. Wir haben da unser persönliches Späßchen, Herr Kollege Straub und ich. Dafür haben wir ja dankenswerterweise die Beamten und Beamtinnen aus den Ministerien, die in großer Anzahl an langen Ausschusssitzungen und ebensolchen Vorbesprechungen mit CSU und FREIEN WÄHLERN artig teilnehmen. Ihre Aufklärung – das möchte ich ausdrücklich sagen – zu Nachfragen aus dem Ausschuss ist häufig hilfreich und daher dankenswert. Natürlich wollen sie dabei die Stellungnahme ihres Hauses, die vorher erstellt
wurde, verteidigen. Das ist menschlich verständlich. Das entspricht allerdings nicht
immer dem, was sich dann tatsächlich im Ausschuss möglicherweise herausgestellt hat.
Stellt aber die Opposition eine Frage an die Ministerien, so kommt vonseiten einiger Beamter in schöner Regelmäßigkeit die Antwort – Zitat –: Wie der Herr oder die Frau Abgeordnete zutreffend dargestellt hat. Das ist wohl als Aufmunterung gemeint, gilt allerdings ausschließlich den MdLs der Regierungsfraktionen, übrigens auch dann, wenn diese auch einmal, was selten genug vorkommen mag, aus deren Sicht keine güldenen Worte von sich gegeben haben. Der oder die derart gelobte Abgeordnete antwortet dann zum Dank traditionell mit dem Satz – Zitat –: Die Behörde, wahlweise das Ministerium, hat nichts falsch gemacht, das wollen wir doch einmal festhalten. – Zitat Ende. Daraufhin erfolgt heftiges Nicken aller Mitglieder von CSU und FREIEN WÄHLERN. Manchmal muss man also wirklich lachen – wie über die vorhersehbaren Abläufe in Kinder-Comics.
Was mich besonders irritiert, ist, dass immer mehr Parlamentarier im Ausschuss schlicht nicht mehr wissen, wer wen zu kontrollieren hat. Ich kann mir doch nicht vom Ministerium und dessen Behörden erklären lassen, wie ich als frei gewählter Parlamentarier abzustimmen habe. Das ist das Gegenteil von Kontrolle.
Ich hoffe, dass ein neu gewählter Landtag bzw. Ausschuss den Grundsatz der Kontrolle der Exekutive wieder klarer erkennen und ihm folgen wird.
Zum Abschluss danke ich dem geduldigen Ausschussdienst – die Namen sind genannt –, ebenso den Vertretern des Stenografischen Dienstes und unserem freundlichen Offizianten, Herrn Höhenberger. Ich danke meiner Vorsitzenden Stephanie Schuhknecht und ausdrücklich Herrn Kollegen Schwartz, der manchmal zügig und zackig – ich habe das aber sehr geschätzt – die Sitzungsführung übernommen hat.
Ein letzter Satz. In zehn Jahren Zugehörigkeit zum Petitionsausschuss war ich sicherlich keine einfache Abgeordnete, wofür ich um Verständnis bitte. Tatsächlich war es aber eben nicht meine Aufgabe, nett zu lächeln und zu winken und den Ministerien zuzuwinken, sondern im Rahmen des Rechts und manchmal auch mit der gebotenen Menschlichkeit das Bestmögliche für die Petenten und manches für Menschen in tiefster Not zu erreichen. – Vielen Dank.