Rede zum Gesetzesentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (2. Lesung)

Auf Grundlage des Modellversuchs „Islamischer Unterricht“ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg schafft die Staatsregierung nun mit ihrem Gesetzesentwurf (18/15059) die gesetzliche Verankerung für ein Unterrichtsangebot im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG), welches speziell auf muslimische Schüler*innen zugeschnitten ist. Auch wenn der Gesetzesentwurf ganz sicher noch lange nicht der große Wurf ist, stellt er einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. Die vollständige Debatte lässt sich hier nachschauen.

Alexandra Hiersemann, MdL, bei ihrer Rede im Bay. Landtag zum Gesetzesentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (2. Lesung)

Meine Rede im Wortlaut – es gilt das gesprochene Wort:

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die AfD zeigt erneut, wessen Geistes Kind sie ist. Nicht nur mein Vorredner, auch Herr Maier, immerhin stellvertretender Vorsitzender im Rechtsausschuss, hat uns mit Hasstiraden gegenüber Andersgläubigen belästigt. Das ist wirklich unerträglich. Herr Maier hat sich im Ausschuss noch dazu verstiegen, verfassungsrechtliche Bedenken zu äußern mit der Begründung, die religiösen Einflüsse in den westlichen Staaten müssten „eingehegt“ werden. Wer wie die AfD – und gerade eben auch mein Vorredner – dem Islam als Religionsgemeinschaft mit derartigem Hass begegnet, wird eines Tages auch den christlichen Religionsunterricht und am Ende auch die christlichen Kirchen selbst angreifen.

Herr Henkel von der AfD hat im Petitionsausschuss gestern schon damit begonnen, als er bayerischen Pfarrerinnen und Pfarrern unterstellt hat, sie würden Geflüchtete nur deshalb taufen, um sie quasi rechtswidrig der Abschiebung zu entziehen. Das ist eine infame Diffamierung und eine deutliche Kampfansage auch an die christlichen Kirchen.

Zum Gesetzentwurf: Diesem liegt die hoch engagierte Arbeit des wissenschaftlichen Beirats des Departments Islamisch-Religiöse Studien an der Universität Erlangen-Nürnberg zugrunde. Um dem Eigenlob der CSU vielleicht noch ein wenig Wasser zuzufügen: Das war eine wesentliche Arbeit über viele Jahre, die in Erlangen an der Universität geleistet worden ist. Ziel war es die Überführung des Modellversuchs „Islamischer Unterricht“ in ein Wahlpflichtfach zu gewährleisten. Hier muss man leider sagen, dass dies in dem Gesetzentwurf leider nicht besonders glücklich, eigentlich nicht umfänglich, gelungen ist. Die Folge ist, dass mit dem neuen Unterrichtsfach künftig kein konfessioneller Religionsunterricht, sondern nur eine vom Staat verantwortete Alternative zum Ethikunterricht angeboten wird. Das hat Herr Klingen ganz offensichtlich nicht verstanden.

Die fehlende Bekenntnisorientierung wird zu Recht von vielen Seiten kritisiert. Das langfristige Ziel muss selbstverständlich ein Unterrichtsangebot sein, das auf gleicher Augenhöhe zwischen den Religionen stattfindet. Dies fordern übrigens vor allem auch die Vertreter beider christlicher Kirchen in Bayern. Verträge zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften setzen aber eine klare innere Struktur voraus. Hier geht es um die sogenannte innere Verfasstheit einer Glaubensgemeinschaft und damit um die Frage, wer sind die intern legitimierten Ansprechpartner. Das sind aber Anforderungen, die der Islam selbst erfüllen muss, Anforderungen, die eben genau nicht vom Staat vorgenommen werden oder gar vom Staat ersetzt werden können. Die nun vorgenommene Regelung im Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht deshalb immerhin der Beginn eines Weges für diesen Prozess, wenn auch, zugegeben, noch nicht die Lösung. Das wissen auch alle Beteiligten. Wir werden die Staatsregierung an dem messen, was Herr Spaenle gesagt hat, dass dies der nächste und entscheidende Schritt sein muss.

Mit Freude habe ich zur Kenntnis genommen, dass der Kultusminister, den ich leider vermissen muss, in der Ersten Lesung immerhin bestätigt hat, ich zitiere: „Zur bayerischen Gesellschaft gehört selbstverständlich auch die muslimische Gemeinschaft.“ – Das möchte ich der AfD gerne einmal auf ihr Kissen sticken. Wesentlich ist, dass durch den Beirat an der Universität Erlangen-Nürnberg eine Brücke zur Rückbindung an die muslimische Community geschaffen worden ist, wo alle Fragen in kooperativer Atmosphäre und in Respekt miteinander erörtert werden, sodass auch die muslimischen Mitglieder an der Gestaltung zumindest mitwirken können. Ebenso begrüßen wir, dass die betreffenden Lehrkräfte – immerhin sind es ungefähr hundert – nun eine größere vertragliche Sicherheit durch die Entfristung bekommen werden, wie wir das schon lange gefordert haben.

Insgesamt teile ich zwar die Kritik, dass der Gesetzentwurf ganz sicher noch lange nicht der große Wurf ist, ich teile allerdings nicht die Konsequenz, die die GRÜNEN daraus ziehen, wenn sie sagen, es muss sofort ein gleichwertiger islamischer Religionsunterricht her oder gar nichts. Der in Baden-Württemberg vorgenommene Versuch, diese Probleme über eine Stiftung zu regeln, löst die genannte Grundsatzfrage nicht. Wir werden die Erfahrungen dort aber mit großem Interesse begleiten.Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu, weil er die Tür zu einem wichtigen Thema und zum Gespräch über einen islamischen Religionsunterricht zumindest ein kleines bisschen öffnet. Nur mit Rücksicht und mit Vorsicht gegenüber unseren Gesprächspartnern auf der anderen Seite und nur mit dem Aufbau gegenseitigen Vertrauens können wir derartige Neuerungen schaffen. Davon bin ich überzeugt.